Jeder technische Taucher wird sich wohl schon ab und an gefragt haben, welche Gase für den bevorstehenden Tauchgang am besten geeignet sind. Wenn jemand nach DIR (dick in rig) taucht, wird er oder sie natürlich für die Deko ein 50% Nitrox sowie reinen Sauerstoff wählen, evtl. noch ein travel gas. Andere Taucher akzeptieren die vom Tauchcenter vorgeschlagenen Gase (z.B. 32%/70% Sauerstoff).
Es ist aber relativ einfach, seine Gase selbst optimal auszuwählen. Es müssen nur einige Grundregeln beachtet werden.
Also, jetzt mal von der Theorie zur Praxis:
Ich plane einen Tauchgang auf 110 Meter (z.B. Blue Hole in Dahab). Was sollte mein bottom mix sein?
110 Meter entsprechen 12 bar. 1.4 bar sollte der Sauerstoff-Partialdruck sein. Jetzt bin ich vielleicht Urlaubstaucher (weniger Narkose-Erfahrung) und hätte gerne weniger Stickstoff, also eine END von 30 Metern. Das heisst es kommen 0.79 (Anteil des Stickstoffs in Luft) x 4 bar (dies wäre der Stickstoff auf 30 Metern, 4 bar Umgebungsdruck) = 3.19 bar Stickstoff hinzu.
Also, was haben wir: Wir haben einen Gesamt-Umgebungsdruck von 12 bar, davon sollen 1.4 bar Sauerstoff und 3.19 bar Stickstoff sein. Was bleibt übrig? Helium! Klar! Also, wieviel Helium muss in den Mix: Eine kurze Rechnung: 12 bar -1.4 bar (Sauerstoff) – 3.19 bar (Stickstoff) = 7.41 bar Helium. Wieviel entspricht das in Prozenten? Da müssen wir wieder auf die Oberfläche zurück rechnen (1 bar):
1.4 bar Sauerstoff / 12 bar (Umgebungsdruck) = 11.6% Sauerstoff (also 11%)
3.19 bar Stickstoff / 12 bar (Umgebungsdruck) = 26.5% Stickstoff (also 26%, immer konservativ bleiben)
Das ergibt einen Rest von 100% – 11% – 26% = 63% Helium.
Unser bottom gas ist also ein 11/63.
Ok?
So, jetzt haben wir den tiefen Teil des Tauchgangs abgeschlossen und kommen zu unserem ersten Gas-Wechsel. Welches Gas sollten wir da parat haben?
Also, wir müssen wechseln, wenn der bottom mix auf einen Sauerstoff-Partialdruck von 1.0 kommt. Das wäre: 1.0 bar / 0.11 bar = 9.09 bar, das heisst ca. 80 Meter.
Welches Gas hat hier einen Sauerstoff-Partialdruck von 1.6 bar (ja, für die Deko 1.6)?
Das geht einfach: 1.6 (Sauerstoff-Partialdruck) / 9 bar Umgebungsdruck = 0.1777, nehmen wir also 17% Sauerstoff. So, wir haben 17% Sauerstoff, vorher hatten wir ca. 26% Stickstoff; wir können also mit unserem Stickstoffgehalt hoch gehen bis auf 36% (Regel 4). Dann haben wir 100% – 17% (Sauerstoff) – 36% (Stickstoff) = 47%; es sollten also um die 45% He enthalten sein. (Irgendwo muss man auch mal Richtung Standard-Gase gehn, und das wäre ein 18/45).
Jetzt kommen wir zu unserem nächsten Gas-Wechsel. Auf welcher Tiefe hat unser Gas (18/45) einen Sauerstoff-Partialdruck von 1.0?
Einfach: 1.0 (Sauerstoff-Partialdruck) / 0.18 (Gehalt an Sauerstoff) = 5.5 bar, d.h. 45 Meter.
Um irgendwo bei den Standardgasen zu bleiben würde ich sagen, dass wir ein 32% nehmen. Aber was geht mit dem Helium?
Wir haben 100% – 32% (Sauerstoff) – (36% + 10%(-Punkte)=46% (Stickstoff)) = 22% Helium. Unser Gas der Wahl wäre also ein 32/20 (ja, so ca.). Wir haben auf 40 Metern (=5bar) einen Partialdruck Sauerstoff von 1.6 bar.
Und das nächste Gas?
Vom Helium können wir uns verabschieden (Regel 3), wir müssen also nur noch den Sauerstoff-Anteil berechnen:
Unser 32%-Sauerstoff gibt uns einen Partialdruck von 1.0 bar auf 21 Metern. Das Gas der Wahl wäre hier ein 50%-Mix.
So, jetzt gehts natürlich los. Würden wir die ganzen Gase bis zum Schluss durchrechnen, hätten wir ca. 100 Tanks dabei. Jetzt geht es darum, zu entscheiden.
Ich meinerseits habe gerne ein ‚tiefes‘ Gas dabei (was mir bei massiven Problemen mit dem bottom mix hilft, früher Wechsel) und keinen Sauerstoff (mit einem Mix, z.B. 70% bin ich flexibler, gerade bei Kursen).
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Gruss Volkart
Eine Antwort zu “Selektion von Gasen für tiefe Tauchgänge”
Hallo Volkart, klasse Beschreibung. Bin mit Deinen Ausführungen völlig agree. Was man vielleicht noch reinbringen könnte, wäre der Airbreak bei einer Deko mit reinem O2. Vorteile eines tiefen Gases liegen auf der Hand. Grüssle Thomas